Initiation

Einführung in Beten und Glauben

Jeden Glaubensgemeinschaft hat ein Interesse, Menschen bei diesem Enschluss, bei diesem Lernweg, der auch eine Öffnung ist, zu unterstützen. Meist gibt es dazu viele Erfahrungen aus den früheren Generationen. Initiationswege gibt es vermutlich so lange, wie es Menschen gibt, die sich einer spirituellen Welt bewusst sind.

Hinweise dazu aus der Völkerkunde

Manchmal hilft der Blick auf andere Kulturen dann, das eigene besser zu verstehen. In diesem Zusammenhang wird von vielen Autoren ein Ethnologe rezipiert, Victor Turner, der Initiationsriten erforscht hat und in seinem Buch: ,,The Ritual Process: Structure and Antistructure“ seine Einsichten für andere verfügbar gemacht hat.

Victor Turner beobachtet, dass es bei diesen Initiationswegen einen Zustand gibt, er nennt ihn Liminalität bzw. Communitas (Antistructure), der sich vom üblichen Miteinander von Menschen stark unterscheidet. Die Erfahrungen dieses Zustandes prägen die Teilnehmenden spürbar, oft für ihr ganzes Leben. Und er weist darauf hin, dass die Hochreligionen im Grunde versuchen, diesen Zustand für ihre Anhänger zu verstetigen.

Konkrete Auswirkungen von Schwellenräumen

Als ich vor ca. 40 Jahren dieses Buch las, fiel mir auf, dass die meisten meiner Freunde aus Zeiten stammten, die viel Ähnlichkeit mit diese Schwellenzustand haben, wie dem Beginn in der Schule, dem Beginn der Ausbildung oder auch von gemeinsamen Exerzitien. Und ich konnte dies auch für die Generation meiner Eltern bestätigen.

Initiation war dann ein wichtiges Stichwort bei Initiativen von und für Männer und oft tauchte dazu in der Literaturliste Victor Turner auf.

Sicht der katholischen Spiritualität

Vor ca. 60 hat sich in der Katholischen Kirche eine Neuausrichtung gezeigt. So taucht in den Dokumenten des 2. vatikanischen Konzils die Vorstellung von Initiation auf. Durch die Taufe, die Firmung und die Eucharistie vollzieht sich diese Einführung quasi lebenslang für die Gläubigen. Dies bestätigt die Beobachtung von Victor Turner. Und gleichzeitig macht dies einen Kommunikationsbedarf deutlich, denn vielen, die über ihr Umfeld in die Glaubensgemeinschaft hineingewachsen sind, hat sich diese Seite der Eucharistie nicht erschlossen.

Seit dem 2. vatikanischen Konzil gibt es eine bewusste Ausrichtung der Begleitung von erwachsenen Taufbewerbern. Dieser Weg greift viele Impulse der alten Kirche zum Christwerden auf. Und es lohnt sich, diese Elemente auch auf dem Hintergrund der Begrifflichkeiten Liminalität und Communitas anzuschauen.

Leider fehlt für viele der Zugang zu erfahrbaren Schwellenräumen, die eine Öffnung auf eine Praxis des Glaubens und des Gebetes fördern. Hier tuen sich die volkskirchlich geprägten Glaubensgemeinschaften schwer mit
der Unterstützung ihrer Mitglieder. Schwellenräume – so schon der Begriff ,,Antistructure“ von Victor Turner – stehen oft im Kontrast zu den normalen gesellschaftlichen Formen, in denen es Struktur, ein oben und ein unten gibt. Formen, die durch Jesu Hinweise für seine Jünger, stark angefragt werden, wie z.B. Demut, Heiligkeit, Ganzheit oder Uneigennützig-Sein.

Auswirkungen von Communitas

Neben der Erfahrung von Augenhöhe, also, dass alle, die diesen gesellschaftlichen Zustand gemeinsam erleben, gleich sind, also Status oder Rang nicht von Bedeutung sind, gibt es auch weitere Seiten, die motivieren können, sich auf so etwas einzulassen.

Das Leben in diesem Zustand wird oft als Abenteuer erfahren, Filme oder auch erfolgreiche Romane nutzen in ihren Drehbüchern entsprechende Elemente.

Es könnte bei der Initiation, der Einführung in das Beten und Glauben, also darauf ankommen, zu lernen, das persönliche Leben wie ein Abenteuer zu gestalten im Wissen, dass Gott uns so nahe ist und auch einen Auftrag für das eigene Leben hat.

Ein Autor, Alan Hirsch, der sich mit der Frage beschäftigt hat, wie in geistlichen Bewegungen unserer Zeit diese Einführung gelingt, bringt die Seite der Communitas so ins Wort: Ist die Person, die eingeführt ist, in der Lage zu sagen:

  • Ich für Gemeinschaft oder denkt sie:
  • die Gemeinschaft für mich.

Der Fokus auf Versorgung in den aktuell noch volkskirchlich geprägten Großkirchen bei uns lässt ja die 2. Denkrichtung wahrscheinlicher erscheinen und steht somit einer Erfahrung von Schwellenräumen eher im Weg.