Die Predigtgedanken sind in diesem Jahr sehr der Jahreslosung verbunden, die als Bild zu diesem Beitrag gestaltet ist.
Außerdem ist das Gebet des Bruder Klaus von der Flue als Taizéruf in diesem Triduum als Themenlied gewählt.
Gründonnerstag
Liebe Mitchristen – das 3. Mal in Folge feiere ich nun mit Ihnen das Triduum, diesen langen Gottesdienst, der heute Abend begonnen hat und bis Samstagabend geht. Ähnlich wie in den Vorjahren möchte ich als Ausgangspunkt für meine Gedanken zu den Bibelstellen dieses Gottesdienstes, die Jahreslosung nehmen. Sie haben einen Zettel bekommen, mit einem Liedruf und auch mit einer Gestaltung dieses Bibelverses. Er lautet: ,Prüft alles und behaltet das Gute’. Bei diesem Bibelvers möchte ich zuerst den Teil 2 genauer anschauen. Denn die Filter, die uns beim Prüfen helfen, sind stark vom Interesse bestimmt, welches uns leitet. Das Bibelwort fordert uns auf, das Gute zu behalten.
Das Gute verbinden im Glauben wir mit Gott.
Darauf kommt es an – den Bezug zu Gott, der seinen Bund mit uns schließt zu behalten – mit diesem Interesse feiern wir heute an Gründonnerstag miteinander die Messe vom Letzten Abendmahl, erinnern uns an den Bund Gottes mit uns Menschen, den Jesus mit seinem Tun besiegelt hat und der jedes Mal im Zentrum steht, wenn wir Eucharistie feiern.
Wer von diesem Bezug, von diesem Bund her die Eindrücke des Lebens sortieren, prüfen will, dem kann manches Weltliche im Weg stehen. Ein Gebetswort von Bruder Klaus, eines Heiligen der deutschsprachigen Schweiz, kann helfen, eine angemessene Orientierung zu finden. Bruder Klaus wurde von vielen Menschen seiner Zeit aufgesucht, da er ihnen bei ihrem jeweiligen Prüfen raten konnte. Vermutlich kennen einige sein Gebetswort. Dieses Gebet gibt es als Taizéruf. Er ist auf dem Zettels.
Die Schola wird uns helfen, in dieses Gebet hinein zu finden. Wir singen und beten den Ruf 3x miteinander. Sie haben es auf dem Blatt mit der Jahreslosung.
Nimm alles von mir, was mich hindert von dir – in den letzten Monaten hat mich ein Autor inspiriert, der intensiv über die aktuellen Krisen unserer Zeit nachdenkt. In seinem Buch ermutigt er zu einer Lebensweise, die das Gute behält, sich nicht am Vorläufigen, oft auch Mangelhaftem unserer Welt orientiert. Denn eine solche Ausrichtung hindert uns oft daran, zum Guten zu finden. Schon Bruder Klaus wußte in seiner Gebetserfahrung, dass er Gottes Hilfe braucht, dass er nicht aus eigenem Vermögen den Zugang zum Guten findet. Diese Kapitulation auf Gott, das Gute hin, die ist nicht selbstverständlich. Erwachsen wollen wir sein – das Leben selbst meistern. Gleichzeitig bietet uns Gott seinen Bund an, dürfen wir IHM Raum im eigenen Leben geben, sogar die grundlegende Führung anvertrauen.
Die hinter uns liegenden Wochen der österlichen Bußzeit wollten uns dabei unterstützen, sich dem Guten zu öffnen, entbehrliches loszulassen, um entsprechend frei zu werden. Gab es da etwas, was Sie lassen konnten? Können Sie da Gott am Werk sehen, der etwas nimmt, weil es den Zugang zu seiner Gegenwart behindert? Gab es etwas, was Sie neu entdecken konnten, was Ihnen hilft, das Geheimnis Gottes bewusst zu suchen?
Ein Leben, welches dem neuen Bund entspricht, ist nicht daran interessiert, möglichst viel aus der Welt für sich herausholen, wie es die westliche Lebensweise stärker betreibt, sondern orientiert sich am Beispiel Jesu, dem Dienen, möchte Segen für die Welt sein.
In den letzten Jahren wird der Begriff Regeneration öfter als Alternative zu der oft stattfindenden Übernutzung der Ressourcen gebraucht. Wer aus einer solchen Haltung des achtsamen Umgangs mit der Schöpfung, die Gott uns Menschen anvertraut hat, lebt und die Bibel liest, wird sie oft anders verstehen, als jemand der stark von der uns umgebenden Kultur bestimmt ist. D.h. die Prüfungskriterien hängen von der Grundausrichtung des Lebens ab. In diesem langen Gottesdienst bis zur Osternacht, werden uns weitere Bibelstellen begegnen und dabei inspirieren, das Gute zu behalten, in einer Weise die Erfahrungen des Alltags zu prüfen, dass sie uns Gottes Gegenwart erschließen. Gleich werden wir die Fußwaschung miteinander erleben – Erinnerung an Jesu Beispiel des Dienens – sicher auch ein Zugang zu einer inneren Reinheit, die von Gott Trennendes wegnimmt, wie es Petrus erfuhr, der so seinen Stolz und seine Scham loslassen konnte, sich ganz Jesu Tun anvertraute.
Karfreitag
In diesem Jahr lenkt die Jahreslosung, Prüft alles und behaltet das Gute den Blick auf den Bezug zum Guten. Das Gute sollen wir behalten.
Wir haben gerade den Bericht einer Prüfung mitbekommen, die stark von der Sicht der Welt bestimmt war, und somit für viele keinen Bezug zum Guten möglich machte. Gestern hatte ich darauf hingewiesen, dass das Interesse einer Person die Prüfungsaktivität bestimmt.
- Welches Interesse haben Sie bei Pilatus wahrgenommen?
- Welches bei den jüdischen Behörden?
- Welches bei den Jüngern?
- Welches bei den Frauen am Kreuz, bei Maria, bei dem Jünger, den Jesus liebt?
Wer aus der Wahrheit ist, sagt Jesus und lenkt den Blick auf eine wichtige Bereitschaft, um angemessen prüfen zu können, nämlich der Bereitschaft, sich der Wahrheit zu öffnen.
Pilatus hat in der Begegnung mit Jesus gesagt: Was ist Wahrheit?
Wie hat er es in Ihrer Vorstellung, in Ihrer Fantasie gesagt?
• Spöttisch,
• fragend,
• irritiert, … ?
Wir achten in unserer Zeit mehr auf die persönliche Wahrheit des einzelnen Menschen. Gleichzeitig wird der Zugang zu DER Wahrheit in vielen Gruppen weniger gesucht, bestimmt kaum eine öffentliche Debatte, ob in der Gesellschaft oder in der Kirche.
Jesus sagt an einer anderen Stelle im Johannesevangelium, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. So weist er auf eine Beziehungsdimension im Leben hin, die kann da sein, oder auch fehlen. Wer von DER Wahrheit spricht, Zugang dazu sucht, meint zumindest im Zusammenhang mit dem Glauben, Zugang zu Gott, dem Du unseres Glaubens. Wenn dieses DU mitgedacht wird, fallen die Prüfungen, die der Alltag mit sich bringt, anders aus, als wenn eine Person auf sich allein gestellt ist. Und wir wissen im Glauben, dieser Zugang ist Gnade, Geschenk. Das heißt nicht, dass es Menschen gibt, die halt Pech haben, dieses Geschenk nicht bekommen, und andere Glück.
Eher gilt etwas, was eine der wichtigen Bewegungen für Spiritualität im letzten Jahrhundert, durch die 12-Schritte Methode der Selbsthilfe erfahren durfte. Es gibt dort eine paradoxe Grunderfahrung im Umgang mit Süchten. Wer Gott gegenüber kapituliert, das eigene Leben ihm anvertraut, dieser Macht, die größer ist als das Eigene, der erlebt, wie ihm oder ihr Hilfe zuwächst, durch die Gemeinschaft derer, die mit auf dem Weg sind, die auch ihr Leben Gott anvertraut haben. Die, wenn man so will, eine Erfahrung von Kirche machen. Kirche ist hier ganz anders verstanden als die Institution mit einem Bekenntnis. Es sind die, die ihr Leben einem Herrn anvertraut haben, der will, dass sie es gut leben können und der sie aus einer Erfahrung der Abhängigkeit von Substanzen oder Verhaltensformen in einen anderen, lebenswerteren Alltag begleitet, in die freiwillige Abhängigkeit von Gott.
Die Feier von Karfreitag ist mit einigen paradoxen Erfahrungen im Zusammenhang mit Leiden verbunden. Wir können zu ihnen auf einer anderen Ebene Kontakt aufnehmen, wenn wir uns auf die Kreuzverehrung einlassen. Das Zeichen eines Bausteins soll uns in diesem Jahr inspirieren. Es greift ein Psalmwort auf, welches in der Osternacht an einer zentralen Stelle verkündet wird. ,Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn her ist dies gewirkt, ein Wunder in unseren Augen.’
Diesem Wunder sich hinzuhalten, darauf wird es ankommen. Die Ehrfurcht, das Staunen über diese unfassbare Liebe Jesu zu den Menschen, ein Erschrecken über die Grausamkeit der Menschen sind 2 Ausdrucksformen einer grundlegenden menschlichen Emotion, die dabei uns helfen kann. Das auch etwas so Schreckliches, wie das Schauspiel einer Kreuzigung etwas besonderes in uns auslösen kann, wurde mir beim Hören eines Beitrags dazu im SWR bewusst. Aufnahmen von Menschen, die den Anschlag auf das World Trade Center erlebten, so wurde deutlich, zeigten sie mit offnen Mündern, ehrfürchtig, staunend, voll Schrecken, gebannt. In einem anderen Passionsbericht bei Matthäus wird dann erzählt, wie der römische Hauptmann Jesu Tod erlebt, erschrickt und sagen kann, Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen! Diese Emotion der Erfurcht, des Schreckens, des Staunens hilft Menschen, sich für Neues zu öffnen, also für dieses Wirken des Herrn. In den Psalmen wird darauf hingewiesen, dass diese Emotion der Anfang der Weisheit ist.
Wenn wir nach den großen Fürbitten uns aufmachen und das Kreuz verehren, tun wir es in der Gebetshaltung von Bruder Klaus, die uns in diesem Triduum begleitet: Nimm alles von mir und dürfen staunend auf dieses Wirken des Herrn schauen, es verehren.
Osternacht
Prüft alles und behaltet das Gute – dieser Leitgedanke der Jahreslosung begleitet uns seit dem Gründonnerstag. Kann uns da etwas, was wir in diesem besonderen Gottesdienst aus der Bibel gehört haben helfen? In der Sprache der Bibel ist mit Herz der Sitz von Denken und Urteilen, von Planen und Wollen gemeint. So jedenfalls kann man auf der Seite der Deutschen Bibelgesellschaft nachlesen. Um dieses Urteilen geht es ja beim Prüfen und deshalb möchte ich mit Ihnen etwas ausführlicher auf die Lesung aus dem Propheten Ezechiel schauen. Dort wird uns ja ein neues Herz zugesagt von Gott. Also eine neue Art des Urteilens, des Prüfens ist möglich. Diese neue Art ist mit dem Neuen Bundes verbunden, den Gott mit uns Menschen in Jesus schließen möchte, uns schenkt.
Persönlich habe ich mich diesmal dem Text über eine kreative Methode genähert, dem Bibel-Journaling. Vor einigen Jahren hatte das Pastoralteam in meiner Gemeinde mit dieser Zugangsweise Menschen animiert, zusammen eine Auswahlbibel aufzulegen, also sich je einen Bibeltext zu wählen und diesen kreativ zu gestalten. Das hat auch mich selber angesprochen und ich versuche seitdem zu mindestens die Bibelstelle, die ich in der Osternacht intensiver anschauen möchte, kreativ darzustellen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Zusammenstellung der letzten 2 Jahre.
Die Osternacht beginnt ja immer mit einer Lesung zur Erschaffung der Welt und des Menschen. Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut. So hatten wir es heute wieder gehört. Und der Prophet Ezechiel verdeutlicht eine Tendenz, die wir auch für unsere Zeit wahrnehmen können. Menschen, die sich auf Gott berufen, an ihn glauben, leben oft in einer Weise, die dieses Gute der Schöpfung nicht achtet. Der Götze Geld macht vieles unrein. Das Profitstreben löst in unserer Welt viel Blutvergießen aus. Daran hat das Misereorhilfswerk in den Aktionen der Fastenzeit wieder erinnert. So sind diese Worte des Propheten ganz aktuell. Wir Menschen werden zerstreut. Ich habe es hier so ausgedrückt, dass die Schrift nach außen drängt, die Welt fast zu klein wird.
Gleichzeitig und das ist ja auch ein wichtiger Teil unserer Hoffnung ist Gott seinem Namen treu – heiligt seinen Namen. Diesen heiligen Namen haben Menschen, die mit Gott in Verbindung gebracht werden, wie die Christen, durch ihre Aktivitäten entweiht. Diese Heiligung ist eine Sammlungsbewegung hin auf das Zentrum, auf das Gute, auf Gott. In diese Bewegung nimmt Jesus uns herein. Er geht voran und hilft uns. Daran glauben wir.
Das feiern wir heute bewusst auch in der Tauferinnerung. Reines Wasser gießt Gott über uns aus und reinigt uns von unseren Götzen, den Tendenzen in uns, die uns von IHM entfernen, die uns unrein machen, wie es der Prophet sagt.
Und damit dies gelingt, braucht es ja eine neue Weise der Unterscheidung eine Unterscheidung der Geister, wie es in der kirchlichen Sprache heißt. Diese Unterscheidung wird möglich durch das Geschenk des neuen Herzens aus Fleisch, durch seinen Geist, der in uns Wohnung nimmt und bewirkt, dass wir den Wegen Gottes folgen als SEIN Eigentum, sein Volk.
Prüft alles und behaltet das Gute – mit diesem Auftrag der Jahreslosung haben wir auf die Worte der Schrift, die wir heute gehört haben, geschaut und konnten wahrnehmen – Gott, das Gute, möchte uns helfen, schafft eine Brücke zu uns – wir dürfen uns diesem Geschenk anvertrauen IHN Gott sein lassen und so aus dem Bund das eigene Leben gestalten.
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