Bibelstellen: Les: 1. Johannesbrief 3, 1-3; Ev: Matthäus 5,1-12a
Predigt: Liebe Mitchristen
In der Lesung hörten wir einen Ausschnitt aus einer frühchristlichen Taufunterweisung. Die Taufe vermittelt und begründet eine besondere Lebensweise.
Welche Gedanken kommen Ihnen, wenn Sie sich bewusst machen, Kind Gottes zu sein?
Was unterscheidet für Sie die Lebensweise eines Kind Gottes von der Lebensweise der Welt, die IHN – Gott – nicht erkannt hat?
Erkennen bezeichnet ja in der Sprache der Bibel eine liebevolle Beziehung. Leider ist so eine Predigt ja kein Gespräch, d.h. ich kann nur vermuten, was heute gerade im Raum ist.
Gedanken zur Beziehung zu Gott, der wie ein guter Vater und eine liebende Mutter zu uns ist, werden einige beschäftigen. Manche werden auf das Kindsein als Kontrast zum Erwachsensein schauen.
Kinder sind offen – haben eine gewisse Freiheit zu spielen, sich zu freuen, zu vertrauen. Kinder, so wurde mir beim Lesen eines Buches in der letzten Zeit bewusst, können schnell und gut lernen.
Manches können nur Kinder lernen – Erwachsene scheitern an dieser Aufgabe – das hat ganz materielle, körperliche Gründe. Die Entwicklung des Gehirns ist bei Kindern noch weniger weit fortgeschritten – da ist noch viel mehr Formbarkeit vorhanden.
Ein Beispiel, das uns unmittelbar einleuchtet, ist der Erwerb der Sprache. Säuglinge hören die Sprache ihrer Umgebung. Die dort vorkommenden Laute werden bewusster wahrgenommen und aufgegriffen. Worte werden erkannt und dann mit Bedeutung verbunden. Kinder konzentrieren sich quasi von selbst auf das Wesentliche beim Lernen – erst nach und nach werden dann komplexere Themen bewegt. Und Kinder lernen am Modell, sie schauen hin, nehmen wahr, und machen sich ihren Reim darauf. Diese Weise des Lernens könnte uns und unseren Glauben, also unsere Beziehung zum Geheimnis Gottes, zum Heiligen prägen. Lernen können wir nur, wenn einiges noch nicht so klar ist. Und die Welt, also die Menschen, die ihre Wirklichkeit ohne Gott ansehen, ist für das Lernen auf dieses Geheimnis hin blind. Die Liebe, die uns geschenkt ist, ist wie ein Schlüssel. Sie kann uns staunen lassen und darf uns prägen, unser Miteinander bestimmen, unsere Verbundenheit als Geliebte.
Durch die aktuellen Forschungen in der Informatik wird das Lernen noch einmal anders verstanden. In uns Menschen (oder dann auch in entsprechenden Programmen) gibt es einen Bereich, der etwas wahrnehmen kann und dann versucht, davon zu lernen, indem er sich dem anpasst, was er wahrnimmt. Das greift die Lesung so auf: Wir werden Gott dem Herrn ähnlich sein. Da wird dann auch ganz viel Liebe mitschwingen.
Wie zeigt sich dieses Lernen, diese Ähnlichkeit? Immer wieder merke ich beim Kontakt mit Taufeltern, es überrascht, dass die Taufe nicht nur mit dem eigenen Namen, dem Unverwechselbaren einer jeden Person, sondern auch viel mit dem Wir der Glaubenden, der Heiligen zu tun hat. Menschen finden in die Familie Gottes – ein Miteinander, welches gut tut – keine Statusunterschiede kennt – alle sind da auf gleicher Augenhöhe. Und wir können lernen, wie so ein Miteinander immer wieder neu entsteht.
Kindsein darf und soll es bestimmen. Kinder sind im guten Sinn oft frei, noch nicht so festgelegt und gleichzeitig auch angewiesen auf die Eltern. Wir, die Getauften, wissen uns angewiesen auf Gott, unseren Vater. In Jesu Hinweisen an seine Jüngern zum Reich der Himmel klingen Verhaltensweisen an, die dieses Miteinander auf Augenhöhe fördern. Kinder versuchen, zu wachsen, den Eltern ähnlich zu werden. Das gilt natürlich auch für die Kinder Gottes. Sie versuchen, IHM ähnlich zu werden, der vor aller Zeit ist, so wie sie IHN erkannt haben. Der Autor des Johannesbriefes weiß darum, dass Menschen diese Beziehungsqualität von Gott erhoffen können und fragt uns jetzt an: Was erhoffe ich von Gott, dem Schöpfer aller Menschen? Was verbinde ich mit diesem Geheimnis in meinem Alltag? Wo ist das für mich anziehend? Wo schaue ich hin, so dass ich erleben kann, wie eine Ähnlichkeit wächst?
Das Evangelium gibt uns konkrete Anregungen, damit wir Gott schauen dürfen und auch von anderen mit Gott in Verbindung gebracht werden, als Kinder, Söhne und Töchter Gottes. Frieden zu stiften, Barmherzigkeit zu üben, Gerechtigkeit zu suchen, gewaltlos zu handeln, wachsen ist oft auch mit Schmerz, der Verwandlung begleitet, verbunden. Ich höre die Worte der Bergpredigt so, dass Jesus Mut macht, dem Schmerz, den der Einsatz für Gerechtigkeit mit sich bringt, nicht auszuweichen, sich nicht zu schämen, wenn die Gottesähnlichkeit oder auch schon die Sehnsucht danach aneckt. Und mir wird deutlich, vieles von dem, was die Welt heute mit Erfolg und Ansehen verbinden, geht in eine andere Richtung. In diesem Sinn ist die Bergpredigt immer auch Anstoß, sich von dem, was „man" so tut abzugrenzen.
Menschen, die Jesus Christus folgen, werden in der Bibel als Jünger beschrieben, ein Wort, welches ein Beziehung des Lernens beschreibt. Kirche könnte sich daher auch, wie z.B. das Volk Gottes im Buch Deuteronomium, als Lerngemeinschaft verstehen.
Ein Gedanke des Jesuiten Peter Musto fasst diese universelle Lerndynamik für mich gut zusammen:
• worauf du achtest, das bekommt Gewicht
• was du in dir wiederholst, das verstärkst du in dir
• in welche Richtung du schaust, dorthin führt dein Weg
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